Wo steht die Piratenpartei?

Johnny Haeusler hat auf Spreeblick in untypisch knapper Manier einen Satz zitiert und damit – wiederum eher den Erwartungen entsprechend – eine ordentliche Diskussion losgetreten. Es handelt sich um die Aussage „Wir wollen allen Leuten, denen unsere Themen wirklich sehr, sehr wichtig sind, die Möglichkeit bieten sich zusammen zu tun, egal ob sie aus dem eher linken oder eher rechten Lager kommen“, so getroffen von Jens Seipenbusch, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Piratenpartei Deutschland. Die Kommentare zu diesem Post sind beispielhaft für die heftigen Positionskämpfe, die die Piratenpartei lange beschäftigen werden.

Ein Großteil der – sich in überwiegender Anzahl als Piratenpartei-Sympathisanten präsentierenden – Kommentatoren hatte Schwierigkeiten damit, „rechts“ und mit Abstrichen auch „links“ jenseits einer Extremismustheorie zu verstehen; entsprechend argumentierten viele, in dem sie eine nie behauptete Offenheit für Rechtsextreme zurückwiesen, an der eigentlichen Aussage vorbei. Johnny Haeusler machte bereits in einem frühen Kommentar deutlich, dass er die – konkret wie tendenziell – fehlende Positionierung jenseits der Kernthemen kritisieren wollte. Dabei sind verschiedene Fragen zu klären: Will die Piratenpartei ausschließlich zu einem eng begrenzten Themenfeld arbeiten? Diese Haltung vertritt beispielsweise die schwedische Piratpartiet, die Piratenpartei Deutschland ist bereits weitgehend davon abgewichen. Dennoch finden sich Aussagen wie „Es geht einfach darum, um unsere Rechte zu kämpfen und diese Rechte besitzt ja wohl das ganze Volk!“ – nicht nur durch seinen nationalistischen Unterton inhaltlich fragwürdig, sondern auch thematische Erweiterungen ablehnend. Teilweise klang die Vorstellung an, die Piratenpartei sei bereits durch ihre Position bsw. zum Urheberrecht bereits eine „linke“ Partei, andere betonten einen „Freiheits“-Charakter und sehen sie unabhängig von anderen politischen Richtungen.

Eins wurde deutlich: Es geht mindestens genau so viel um Bezeichnungen und Selbstbilder wie um Inhalte. Dabei spalten sich die Anhänger schon an ihren Interessen: Während ein großer Teil über netzpolitische Themen politisiert wurde, sich exklusiv für diese einsetzt und sich in unterschiedlichen politischen Richtungen verortet fühlt, werden von manchen andere Themenfelder – stellvertretend sei sascha-b‘s hervorragender Kommentar als Beispiel angeführt – als wichtiger bezeichnet und programmatische Lücken bemängelt. Sascha macht euch deutlich, dass von der Piratenpartei nicht mal konkrete Positionen erwartet werden, sondern lediglich Engagement gegen die Entwicklung zu einem „ideologischen Wackelpudding“. Genau den wollen jedoch andere Kommentatoren, die aus Überzeugung explizit keine linke Partei wählen wollen oder keinen Bedarf für eine weitere linke Partei sehen.

Besonders interessant war auch der Einblick in das Selbstbild von Piraten und anderen Netzbewohnern. Einen Aspekt beschrieb Spreeblick-Mitautor Frédéric treffend mit den Worten „Liberal ist das Links der Bürgerlichen, die sich nicht recht trauen, rechts-links-Debatten öde finden und irgendwie Avantgarde sind. Das ist ihr gutes Recht, noch immer ans Ende der Geschichte zu glauben und ans Ende der Ideologien.“ Ein weiterer wurde zum Ende hin deutlich, als ich eine Debatte mit einem „Markus“ führte: Die Internetgeneration fühlt sich gegen jede Polemik, Populismus und Lügen gefeit, ist in der Lage, frei jeder Ideologien auf Fakten basierend das Optimum zu bestimmen und danach zu handeln.

Ich denke, die Piratenpartei braucht ein klares, umfassendes Programm. Dabei geht es nicht um konkrete Aussagen, sondern Tendenzen, Richtlinien, Überzeugungen. Mir sind einige Themen wichtiger als die Kernthemen der Piratenpartei; dennoch setze ich meine Hoffnung und Energie in sie. In ihr könnte eine moderne Linke entstehen, die in Organisation wie auch bei Inhalten von im Internet erprobten, entwickelten oder verbreiteten Konzepten inspiriert ist. In einem längeren Beitrag hat Johnny Haeusler zu dem Thema ausführlicher Stellung bezogen. Ich werde meine inhaltlichen Ideen hoffentlich auch bald etwas ausbreiten. Und beobachten, was auf dem Bundesparteitag morgen und übermorgen passiert.

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