Pornographie im Bundesnetz

Das Internet ist ein Freiraum, in dem viele Dinge stattfinden – auch Dinge, die in Deutschland gar nicht stattfinden sollen. Eines der prominentesten und wichtigsten Beispiele dafür ist Pornographie.

Pornographie im Internet

Generell dürfen pornographische Werke nicht an Minderjährige weitergegeben werden. Um das sicherzustellen, müssen Anbieter in Deutschland das Alter der Kunden bestimmen, und zwar per Postident oder einem gleichwertigen Verfahren. Auch das Alter der Dargestellten muss dokumentiert werden. Als letzte Hürde muss „aus Sicht eines verständigen Betrachters […] sicher ausgeschlossen werden [können], dass die Darsteller Jugendliche sind“, um nicht Jugendpornographie zu verbreiten.

Diese Kriterien machen nichtkommerzielle Pornographie-Angebote im Internet unmöglich. Allein die – ausschließlich vom Betreiber zu tragenden – Kosten für Postident übersteigen das bezahlbare Maß. Der Aufwand für Postident und Dokumentation des Alters der Abgebildeten und Prüfung auf Anscheinsminderjährigkeit dürften den Betrieb endgültig unmöglich machen. Damit würde deutsches Recht die Vielfalt der im Internet erhältlichen Pornographie auch jenseits des Verbotenen stark reduzieren – alles, was sich nicht kommerziell verwerten lässt, wäre im Internet nicht mehr – und damit vermutlich nirgendwo, denn klassische Verbreitung ist noch aufwändiger – erhältlich. Portale für von Nutzern erstellte Pornographie hätten Schwierigkeiten, das Alter der Abgebildeten nachzuweisen.

Wenn die deutsche Exekutive Mittel erhielte, in Deutschland illegale Inhalte zu sperren, würde es also keine unkommerzielle Pornographie für Internetnutzer in Deutschland mehr geben. Auch der Zugang zu kommerzieller Pornographie müsste den umständlichen deutschen Richtlinien folgen.

MaleSubmissionArt

Der folgende Abschnitt enthält Hinweise auf eine Seite, die pornographische Darstellungen anbietet. Die abgebildeten Praktiken könnten posttraumatisch als Trigger wirken. Fiktionale Darstellungen auf dieser Seite fallen teilweise eventuell in Deutschland unter den Begriff der Jugendpornographie.

Ein Beispiel für eine Website, die in Deutschland nicht abrufbar sein dürfte, ist MaleSubmissionArt. Der bisexuelle, devote Meitar Moscovitz stellt in dem Blog pornographische Bilder vor, die seiner Meinung nach für devote Männer anregend sein könnten. Anreiz für ihn war der empfundene Missstand, BDSM-Pornographie hätte selten devote Männer als Zentrum der Betrachtung, sondern würde sich – wenn überhaupt ein Mann eine devote Rolle einnehmen würde – hauptsächlich auf dominante, meist weibliche Figuren konzentrieren. Ungeachtet der persönlichen Vorlieben ist das Blog schon aufgrund der sorgfältigen und tiefgründigen Beschreibungen der behandelten Abbildungen sehr interessant, gibt Einblicke in die Rezeption von Pornographie und zeigt pornographische Kunst jenseits des Üblichen. Häufig schneidet Moscovitz dabei anhand der Bilder Themen wie Sexismen und Klischees in und gegenüber der BDSM-Szene und in der Pornographie an.

Anlass für diesen Text war jedoch das Bild vom 29. Mai 2009, eine im Manga-Stil gezeichnete pornographische Darstellung von jugendlichen Männern. Nach einer Beschreibung des Bildes schreibt Moscovitz von seinen eigenen frühen sexuellen Erfahrungen. Der Großteil des Begleittextes stellt jedoch eine differenzierte Betrachtung zu Jugend und Sexualität dar, in der die Sexualisierung von Kindern kritisch dem Anbieten von Informationen gegenübergestellt wird. Weiter warnt er vor der zunehmenden Kriminalisierung jugendlicher Sexualität. Er erwähnt dabei das Schlagwort „Adultism“, mit dem die Diskriminierung junger Menschen bezeichnet wird.

Nach dem junge Menschen ihre Sexualität seit 2008 nicht mehr selbst in Abbildungen oder Texten ausdrücken dürfen, würden wirksame Internet-Sperren diesen Menschen jeglichen Zugang zu Pornographie im Internet – vermutlich dem Hauptmedium – verwehren.

Fazit

Pornographie ist eines der wichtigsten Themen im Internet. Auch in Deutschland zugängliche Seiten wie YouPorn locken täglich Millionen von Nutzern an. Die Wenigsten setzen dabei deutsches Recht um. Somit nutzen viele Deutsche täglich den von mir postulierten „Freiraum Internet“ und machen bewusst oder unbewusst deutlich, dass sie die deutschen Rechtsnormen als unangemessen ansehen. Es bleibt fraglich, ob dieser Freiraum langfristig erhalten werden kann. Dass umgekehrt eine Modernisierung und Anpassung des deutschen Rechtes stattfinden wird, halte ich für unwahrscheinlich.

3 Antworten auf „Pornographie im Bundesnetz“

Schreibe einen Kommentar zu Internetsperren 31.05.2009: Artikel und Kommentare « Wir sind das Volk Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.